Wirkungsgrad von "Quantenmaschinen"

Eine Dampfmaschine ist umso besser, je mehr Arbeitsleistung sie aus einer gegebenen Brennstoffmenge herausholen kann. Aber die maximale Effizienz jeder Dampfmaschine wird durch physische Gesetze limitiert. Dies gilt auch für die Effizienz von „Quantenmaschinen“, bei denen bestimmte Quantenzustände in andere Quantenzustände überführt werden sollen. Bisher war unbekannt, wie groß die bestmögiche Effizienz in der Praxis sein könnte. Wissenschaftler der Technischen Universität München und der Harvard University entdeckten nun die fundamentalen Grenzen für die Effizienz von solchen Systemen unter realistischen Bedingungen und konnten an einem Modellsystem die vorhergesagte maximal mögliche Ausbeute auch experimentell bestätigen.

Die gezielte und möglichst verlustarme Steuerung von Quantenzuständen spielt heute eine entscheidende Rolle bei modernen spektroskopischen Verfahren. So werden z. B. bei der Strukturbestimmung von Kernspinresonanz Spins von Atomkernen Proteinen durch Einstrahlen von Radiowellen in einem starken Magnetfeld auf andere Atome übertragen.Darüber hinaus sind Manipulationen von Quantenzuständen eine wesentliche Voraussetzung für die Realisierung von Zukunftstechnologien, wie etwa der Quanteninformations-Verarbeitung. Quantenzustände können jedoch nie ohne Verluste manipuliert werden, da sie nicht vollständig von ihrer Umgebung isolierbar sind. Dieser "Informationsverlust" an die Umgebung wird Relaxation oder Dekohärenz genannt und ist etwa vergleichbar mit Reibungsverlusten bei mechanische Maschinen.

Obwohl die Quantenmechanik bereits über 100 Jahre alt ist, war die Frage nach dem bestmöglichen Wirkungsgrad einer "Quantenmaschine" Vorgänge in Gegenwart von Relaxation bisher ein ungelöstes Problem. Dies ist vergleichbar mit der Zeit vor der Entdeckung der fundamentalen Grenzen der Dampfmaschineneffizienz, mit der eine Dampfmaschine Wärme in mechanische Arbeit überführen kann. Mehr als 100 Jahre nach Erfindung der Dampfmaschine war dies ebenfalls noch eine ungeklärte Frage: "Trotz mannigfaltiger Arbeiten über die Wärmemaschinen, ... ist ihre Theorie doch sehr wenig fortgeschritten, und die Versuche Griff“ zu ihrer Verbesserung sind fast nur vom Zufall geleitet", schrieb Sadi Carnot 1824. Heute bekommen. Dennoch ist heute klar, dass die maximal mögliche Effizienz einer Wärmekraftmaschine nicht von der Findigkeit der Ingenieure abhängt sondern von den fundamentalen Gesetzen der Thermodynamik, welche durch Carnot mitbegründet wurden. 

Mit dem in der aktuellen Ausgabe der "National Academy of Science" vorgestellten Verfahren von Prof. Navin Khaneja (Harvard), Dr. Burkhard Luy und Prof. Steffen Glaser (TU München) ist es zum ersten mal möglich, die physikalischen Grenzen der Manipulation von Quantenzuständen in Gegenwart von realistischen Relaxationseffekten theoretisch zu bestimmen. Zu ihrem Erstaunen fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Effizienz bisher üblicher Methoden noch weit unterhalb dieser bisher unbekannten Grenzen liegt.

Der Forschergruppe aus Harvard und München gelang es ihre Erkenntnisse aber auch praktisch umsetzen und den Wirkungsgrad einer einfachen Quantenmaschine bis zum maximal erreichbaren Wert zu steigern. In Experimenten am Bayerischen Kernresonanz Zentrum in Garching optimierten sie die Übertragung von Kernspinzuständen in einem organischen Molekül (ein Salz der Ameisensäure) durch die Einstrahlung von Radiowellen nach einem neuartigen Verfahren. Diese Technik verspricht, die Kernresonanz-Spektroskopie von Biomolekülen wesentlich schneller und empfindlicher zu machen und somit Strukturen damit möglich gewordenen biophysikalischen Experimente im Chemie-Department der großen Moleküle leichter zu entschlüsseln.

Originalveröffentlichung: Boundary of quantum evolution under decoherence N. Khaneja, B. Luy, S. Glaser, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 100, 13162-13166, 2003.

Vorabdruck:quant-ph/0302060